Diese umfangreiche Studie ist hervorgegangen aus wissenschaftlicher Zusammenarbeit und Feldforschung, die von den beiden Autoren in Naxos (August 2008, Februar 2009, August 2010) und auf der Peloponnes betrieben wurde. Ihr Hintergrund ist die Förderung der Doktorarbeit des Historikers, Athanasios Kotsakis, die von Ioanna Spiliopoulou betreut wird. Die Doktorarbeit mit dem Titel „Die Formung der kulturellen Landschaft der Insel Naxos von 1204 bis zur Begründung des griechischen Staates“ wird an der Abteilung für Geschichte, Archäologie und Verwaltung kultureller Güter in Kalamata erarbeitet und ist ein Beitrag zu dem Bereich der Kulturgeschichte. Die vorliegende Studie ist der Versuch einer kulturgeschichtlichen Annäherung an das Phänomen wohnturmartiger und im weiteren Sinne befestigter Bauten auf den Inseln der Aegaeis und der Peloponnes. Die Notwendigkeit von Schlußfolgerungen hinsichtlich der Herkunft und der Verwendungsweise der turmartigen Landhäuser auf Naxos, sowie hinsichtlich der Rolle, welche diese Bauten in der feudalen „graeko-lateinischen“ Gesellschaft der Inseln, und ebenso während des Dukats der Aegaeis (1207-1566) sowie der Zeit der ottomanischen Herrschaft (1566-1821) spielten, führte zu einer ausgedehnten vergleichenden Untersuchung, die über die Grenzen der in Arbeit befindlichen Doktorarbeit hinausging. In dieser werden, in dem gleichen zeitlichen Rahmen, außer Naxos, auch die wichtigsten wohnturmartigen Bauten anderer Inseln des Archipelagos (Euböa, Andros, Santorin, Kreta, Chios, Lesbos, Rhodos), und auch diejenigen des weiteren griechischen Raumes, besonders der Peloponnes, erfaßt. Die Ergebnisse dieser vergleichender Studie werden auch die Grundlage des entsprechenden Kapitels über die turmartigen Landhäuser von Naxos in der Doktorarbeit von A. Kotsakis bilden. Gegenstand vorliegender Untersuchung sind die wohnturmartigen Bauten und Turmhäuser, welche das Sommerquartier oder den dauernden Wohnort mächtiger Familien, vor allem von Landbesitzern darstellten. Deshalb wird auch kein Bezug auf die militärischen Turmbauten genommen, die zu Burganlagen gehören, welche aufgrund von zentraler Planung in Rahmen weiterer Verteidigungsanlagen erbaut wurden. Die vorliegende Untersuchung führt zu dem Schluß, daß die Errichtung wohnturmartiger Bauten von ländlichem Charakter, sowohl auf den aegaeischen Inseln wie auch auf dem nördlichen griechischen Festland und besonders der Mani, ein Phänomen darstellt, das sich unter den besonderen charakteristischen Bedingungen der vor-neuzeitlichen Gesellschaft entfaltet. Die Errichtung des Griechischen Staates jedoch führte, nach dem Vorbild der westlichen moderneren Staaten, zur Eunomia und Isonomia. Damit fielen die Gründe für die Errichtung wohnturmartiger Bauten weg. Die Auswertung der Ergebnisse der mittelalterlichen Archäologie, der Befestigungskunde, der Kunstgeschichte und der Baugeschichte sowie der Heraldik führen zu einem Versuch einer umfassenden kulturhistorischen Betrachtung und Interpretation jener befestigten Bauten.
(EN)